Schweizer Armee: Thomas Süssli tritt ab – sechs Jahre zwischen Krise und Krieg
Der Chef der Armee, Korpskommandant Thomas Süssli, wird sein Amt in wenigen Wochen abgeben.
Sechs Jahre, die kaum turbulenter hätten sein können: Pandemie, Krieg in Europa, geopolitische Spannungen, Cyberbedrohungen. Und doch wirkt er im Rückblick ruhig, geerdet, fast bescheiden. Das Gespräch im Podcast der Schweizer Armee zeigt einen Mann, der geführt hat, ohne laut zu werden. Einer, der Verantwortung getragen hat, ohne sie auszuschmücken.
Als die Pandemie die Schweiz traf
musste die Armee innert Stunden reagieren. Es war eine der grössten Mobilmachungen der jüngeren Geschichte – und sie gelang. Er spricht nüchtern darüber, aber man hört Respekt heraus für die Tausenden, die innerhalb kürzester Zeit im Einsatz standen.
Kaum war der letzte Einsatz zugunsten des Gesundheitswesens beendet
begann der Krieg in der Ukraine. Er erzählt, wie er frühmorgens die Rede des russischen Präsidenten hörte und sofort wusste, dass sich die sicherheitspolitische Realität verändern würde. Kein Alarmismus, sondern klare Wahrnehmung: Die Schweiz konnte nicht mehr davon ausgehen, dass Stabilität die natürliche Ordnung sei.
Vorbereitung statt Illusion
Inhaltlich zieht sich eine Linie durch das Gespräch: Die Armee muss auf jene Szenarien vorbereitet sein, die man nicht erleben möchte. Sinngemäss sagt er: Als letzte Reserve des Landes muss die Armee vom schlimmsten Fall ausgehen. Diese ruhige, realistische Haltung prägte seine Amtszeit – ein Beharren auf Professionalität in einer Zeit, in der viele auf politische Stimmungen reagieren statt auf Fakten.
Die Last des Amtes – und die Kunst, im Moment zu bleiben
Er spricht auch über die persönliche Belastung. Als Chef der Armee stand er im Schaufenster: sieben Tage die Woche, rund um die Uhr. Kritik gehörte dazu, und sie traf ihn. Doch statt darüber zu klagen, beschreibt er, was er daraus gelernt hat: präsenter zu sein, nicht gedanklich bereits im nächsten Termin zu stecken, sondern im Gespräch, im Moment, bei den Menschen.
Ein einziges direktes Zitat fasst das gut zusammen: „Man ist sieben Tage, 24 Stunden im Amt.“ Schlicht, unspektakulär, aber es sagt alles über das Gewicht dieser Funktion.
Führung als Dienst, nicht als Bühne
Mehrfach betont er, dass die Armee dem Primat der Politik unterstellt ist. Kein Machtanspruch, kein Profilierungsdrang, sondern eine klare Rollenverteilung, die trägt. Sein Führungsstil wirkt dadurch fast altmodisch: weniger Inszenierung, mehr Pflichtgefühl. Und er vergisst nicht die Menschen, die diese Armee tragen: die Rekruten, die Kader, jene, die wachsen, weil man ihnen Verantwortung gibt. Ein Moment im Gespräch zeigt das besonders schön: Ein junger Soldat erzählte ihm damals, er sei vor der Rekrutenschule ein „Schlufi“ gewesen und habe dort zum ersten Mal gelernt, sich einzuordnen. Der Chef der Armee erzählt es schmunzelnd, aber mit spürbarem Stolz auf die Wirkung guter Führung.
Ein Abschied ohne Pathos, aber mit Haltung
Sein Rückblick ist nicht triumphal. Er zählt keine Erfolge auf und sucht keine Schlagzeilen. Stattdessen bleibt das Bild eines Mannes, der sein Amt verstanden hat als Dienst an einem Land, das sich an Frieden gewöhnt hat – vielleicht zu sehr.
Er geht im Wissen, dass die Welt unsicherer geworden ist. Und mit der Überzeugung, dass die Schweiz dafür bereit sein muss; nicht mit lauten Parolen, sondern mit handwerklich sauberer Arbeit.
Es ist ein Abschied, der leise bleibt. Aber er hinterlässt etwas, das in der heutigen Zeit selten geworden ist: Vertrauen.
Quelle: Kommunikation Verteidigung, Mathias Müller
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