Bundesrat: Flexiblere Rekrutenschulen und Digitalisierung der Armee
VON Polizei.news Redaktion Beitrag Blaulicht-Branchennews Polizeinews Schweizer Armee
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 22. November 2023 die Vernehmlassung zu verschiedenen Änderungen des Militärgesetzes, der Armeeorganisation und weiteren rechtlichen Grundlagen eröffnet.
Insbesondere will der Bundesrat die Rekrutenschule sowie die Wiederholungskurse flexibler und milizfreundlicher gestalten, den Schutz der Armee vor der Cyber-Bedrohung verbessern sowie den Austausch zwischen der Armee und den Angehörigen der Armee digitalisieren.
Ausserdem will der Bundesrat die Grundzüge von Kompensationsgeschäften im Rahmen von Beschaffungen im Ausland im Militärgesetz rechtlich verankern. Weiter enthält die Vorlage eine Übergangsbestimmung, die das Überschreiten des vorgegebenen Effektivbestandes an Militärdienstpflichtigen vorübergehend erlaubt.
Mit diversen Änderungen des Militärgesetzes, der Armeeorganisation und weiteren rechtlichen Grundlagen will der Bundesrat die Alimentierungsprobleme mit verschiedenen Massnahmen angehen und die Armeebestände sichern. Der Stellenwert betreffend die Vereinbarkeit von Militärdienst, Berufs- und Privatleben hat zugenommen und wird weiter zunehmen. Auch bei den Erwartungen der Angehörigen der Armee sind diese gesellschaftlichen Entwicklungen spürbar und verlangen verschiedene Anpassungen bei der Militärdienstpflicht, bei der Durchlässigkeit von Dienstgraden, beim Erwerbsersatz, wenn Ausbildungsdienste unterbrochen werden, und bei der Möglichkeit, Rekrutenschulen und Wiederholungskurse flexibler absolvieren zu können.
Erhöhte Flexibilisierung bei Rekrutenschulen und Wiederholungskursen
Die Vernehmlassungsvorlage sieht vor, dass nicht mehr alle Rekrutenschulen 18 Wochen dauern müssen, sondern diese entsprechend den Ausbildungsbedürfnissen der verschiedenen Truppengattungen auch kürzer ausfallen können. Die verbleibenden Ausbildungsdiensttage können entsprechend den Bedürfnissen der Armee und den Angehörigen der Armee flexibler absolviert werden. Die Gesamtdauer der Ausbildungsdiensttage bleibt für eine Mehrheit der Armeeangehörigen unverändert.
Weitere Digitalisierung der Armee
Weitere Änderungen betreffen die Möglichkeiten, sich über die Armee zu informieren. Der elektronische Datenaustausch mit den Angehörigen der Armee muss aktualisiert und den neuesten Möglichkeiten der Digitalisierung angepasst werden. Dazu werden digitale Informationsplattformen geschaffen. Der Austausch und Schriftverkehr zwischen den Armeeangehörigen und der Armee wird längerfristig vollkommen digitalisiert. Damit kann jede und jeder Angehörige der Armee künftig webbasiert via App auf die eigenen Daten zugreifen und diese bearbeiten.
Besserer Schutz der Armee vor Cyberbedrohung
Aufgrund der veränderten Bedrohungslage mit der allgegenwärtigen Cyber-Bedrohung und der gestiegenen hybriden Bedrohung muss das bestehende Instrument der Requisition ergänzt und aktualisiert werden. Bisher konnten nur unbewegliche und bewegliche Sachen (zum Beispiel Fahrzeuge) requiriert werden, wenn dies für die Armee bei einem Aktiv- oder Assistenzdienst notwendig ist. Nun sollen auch beherrschbare Naturkräfte (zum Beispiel Strom, Daten und Funkfrequenzen), Immaterialgüter sowie Arbeits- und Dienstleistungen requiriert werden können. Zudem sollen auch mildere Formen der Requisition wie Nutzungseinschränkungen und -verbote möglich sein. Solche Einschränkungen werden angemessen entschädigt. Das Verfahren und die Entschädigungsansätze werden in einer Ausführungsverordnung festgelegt.
Zum Schutz der Lieferketten der Armee und der IKT-Systeme sowie zur Erhaltung der Betriebskontinuität und der Resilienz gegenüber Bedrohungen, sollen bereits in der normalen Lage angemessene Massnahmen getroffen werden können.
Schliesslich müssen die Sensoren und Fernmeldeanlagen der Armee im elektromagnetischen Raum angemessen geschützt werden. Nur so können die wichtigen Informationen für die Auftragserfüllung der Armee und weiterer Bundesstellen rechtzeitig beschafft werden.
Verankerung der Grundzüge von Kompensationsgeschäften
Zudem gibt es Neuerungen betreffend die Regelung von Kompensationsgeschäften. Die Voraussetzungen, die Grenzen und die Kontrolle von Kompensationsgeschäften bei Rüstungsbeschaffungen im Ausland sind heute nicht formell geregelt. Deren Grundzüge werden im Militärgesetz nun rechtlich verankert. Dazu gehören die Organisation und die Zuständigkeit im Rahmen von Kompensationsgeschäften, das Ziel derselben und die bestmögliche Beachtung eines angemessenen sprachregionalen Verteilschlüssels. Zudem wird definiert, ab welchem finanziellen Schwellenwert und in welcher Höhe Kompensationsverpflichtungen bei Rüstungsbeschaffungen einzugehen sind.
Vorübergehende Überschreitung des Effektivbestandes der Armee
Die Revision enthält zudem eine Übergangsbestimmung, die es dem Bundesrat erlaubt, den Effektivbestand während längstens fünf Jahren zu überschreiten. Dies, um den Erfordernissen der aktuellen Bedrohungslage zu entsprechen oder um starke Schwankungen des Effektivbestandes aufgrund unterschiedlich grosser Jahrgänge der Militärdienstpflichtigen zu verhindern. Der Bundesrat hatte das VBS am 1. November 2023 mit einer entsprechenden Änderung auf Gesetzesstufe beauftragt; eine Reduktion des Effektivbestandes auf den gemäss heutigen rechtlichen Grundlagen möglichen Höchstbestand erachtet der Bundesrat angesichts der aktuellen geopolitischen Lage nicht als opportun.
Weitere Anpassungen betreffen die Weiterentwicklung der militärischen Friedensförderung, die Aus- und Weiterbildung im militärischen Gesundheitswesen sowie die Forschung und Entwicklung im Bereich Armeematerial.
Die Vernehmlassung dauert bis am 8. März 2024.
Quelle: Der Bundesrat
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