Schweizer Armee: Kerosin im Blut

Als Luftfahrzeugmechaniker repariert Gruppenchef Sébastien Monnier auf dem Militärflugplatz in Payerne vor allem den F/A-18 und weibelt in seiner Freizeit auch mal gerne für das neue Kampfflugzeug.

Eine Begegnung mit einem passionierten Aviatikfan in der topmodernen Wartungshalle 4.

Herr Monnier, Sie sind als Luftfahrzeugmechaniker in Payerne tätig. Wie kamen Sie zu diesem Beruf?

Schon als kleines Kind war ich von der Mechanik begeistert. Mein Vater war Garagist und so war es nur natürlich, dass ich eine Lehre zum Automechaniker absolvierte. Gleichzeitig hat mich die Technologie der Kampfflugzeuge und die unglaubliche Kraft, welche diese schon am Boden entfalten, schon immer fasziniert.

Wie wurde das VBS zu Ihrem Arbeitgeber?

Nach 20 Jahren in der Automobilbranche suchte ich eine neue Herausforderung. Zuletzt war ich Werkstattchef und dann vor allem im Kundendienst und hinter dem Schreibtisch tätig. Da fehlte mir die manuelle Mechanikerarbeit sehr. Eines Tages schnitt mir meine Ehefrau ein Inserat aus, in welchem Jetmechaniker für die Luftpolizei gesucht wurden. Ich packte die Gelegenheit beim Schopf und landete so auf dem Militärflugplatz Payerne.

Um sich auf Luftfahrzeugmechaniker umzuschulen, mussten Sie zusätzliche Weiterbildungen absolvieren?

Ja, um als Jetmechaniker tätig zu sein, muss man zuerst drei verschiedene obligatorische Module absolvieren. Diese beinhalten Weiterbildungen im Bereich Treibstoff und Triebwerk, Flugsteuerung und Hydraulik sowie Kabinenkonditionierung, Schleudersitz und Sauerstoffzufuhr. Zusätzlich bilden wir uns natürlich auch sonst laufend fort.

Nutzen Sie auch die neuen virtuellen Ausbildungen?

Ja, wir verwenden den Simulator zu Schulungszwecken oder im Rahmen einer Fehlersuche, um verschiedene Tests durchzuführen.

Wie muss man sich einen Tag in der Wartungshalle 4 vorstellen?

Der Tag beginnt jeweils mit dem Kennenlernen der Maschine, an der wir arbeiten sollen, und der Art der auszuführenden Arbeiten. Als Gruppenchef organisiere ich die Arbeitseinteilung im Team und orchestriere die Reparaturen und Instandhaltungen. Nach jedem getätigten Arbeitsschritt wird ein Protokoll dreifach unterzeichnet. Darauf kann die Maschine freigegeben werden. Natürlich kann die Dauer der auszuführenden Arbeiten sich bis zu einigen Wochen oder Monaten hinziehen.

Nebst den täglichen Wartungs- und Reparaturarbeiten, stehen Sie auch für die Luftpolizei im Einsatz.

Ja, pro Woche sind wir vier verschiedene Mechaniker-Teams, welche sich beim QRA (Anm. d. Red.: Quick Reaction Alert, neuer Name für den Luftpolizeidienst) abwechseln. Dies erlaubt uns, 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche bei einer allfälligen Panne an einem der beiden Hornet einsatzbereit zu sein und die notwendigen Reparaturen vorzunehmen. Zusätzlich sind wir auch für das Feuerwehrpikett zuständig.

Gibt es auch Luftfahrzeugmechanikerinnen in Payerne?

Aktuell gibt es bei uns bei der Luftwaffe in Payerne keine Luftfahrzeugmechanikerinnen. Bei RUAG in der Halle 5 arbeitet jedoch eine Mechanikerin. Wir sind hier in der Schweiz diesbezüglich leider noch nicht sehr weit. Im Ausland, zum Beispiel in Frankreich und Schweden, gibt es bereits sehr viele Luftfahrzeugmechanikerinnen.

Dann gibt es bei uns in dem Fall noch viel Luft nach oben?

Ganz klar. In der Schweiz haben wir hier wirklich einen grossen Nachholbedarf. Hier in unserer Halle würden wir uns über weibliche Teammitglieder sehr freuen. Als unsere Wartungshalle umgebaut wurde, hat man bezüglich der Infrastruktur speziell darauf geachtet, die Umgebung auch für Frauen angenehm zu gestalten. Mechanikerinnen in unserem Team zu haben, würde zu einer anderen Dynamik führen, den Umgang im Team weniger rau gestalten und auch ein bisschen dem Machoimage in unserem Umfeld entgegenwirken.

„Der F-35A besitzt die neueste Luftfahrttechnologie, so dass er für unsere Luftwaffe perfekt geeignet ist.“

Sie arbeiten hauptsächlich auf dem F/A-18 Hornet. In Zukunft werden Sie ein neues Kampfflugzeug in Stand halten dürfen. Falls Sie sich dazu äussern möchten: Was sagen Sie zum F-35A?

Ich bin von diesem Jet total überzeugt. Dies ist die sinnvollste Wahl für die Verteidigung unseres Luftraums. Wir haben unsere Experten mit einer klaren Aufgabenstellung gebeten, vier Flugzeuge zu bewerten. Jetzt bekommen wir mit dem F-35A den leistungsfähigsten Jet zum besten Preis. Für einen günstigeren Preis erhalten wir also ein Kampfflugzeug der fünften Generation, während die anderen drei Flugzeuge von der vierten Generation sind. Der F-35A hat ein höheres Entwicklungspotenzial und besitzt die neueste Luftfahrttechnologie, so dass er für unsere Luftwaffe perfekt geeignet ist.

Sie hatten sicherlich auch schon die eine oder andere Diskussion mit Kampfflugzeug-Gegner?

Ja, schon sehr oft. In meinem Beruf ist man da natürlich besonders exponiert und da kann es auch mal zu hitzigen Austauschen kommen. Aber ich nutze jeweils die Gelegenheit, um mein Umfeld noch besser zu informieren, und hatte auch schon sehr interessante Gespräche, wonach die Leute mir sagten, dass sie nun ein paar Dinge anders sehen.

Sind Sie auch schon mit einem Kampflugzeug mitgeflogen?

Nein. Im Unterschied zum Ausland ist es in der Schweiz nicht Usus, dass die Mechaniker hin und wieder mitfliegen und ihre Arbeiten überprüfen. Aber wenn der grosse Patron (Anm. d. Red: der Kommandant der Luftwaffe Peter Merz) dieses Interview liest, darf er mir dies gerne mal erlauben (lacht laut).

„Ich arbeite auf meinem Traum-Militärflugplatz.“

Gibt es auf der Welt einen Traum-Militärflugplatz, auf welchem Sie gerne mal ein paar Wochen arbeiten würden?

Dazu muss ich nicht um die Welt reisen, ich arbeite bereits auf meinem Traum-Militärflugplatz. Sie haben unsere Halle und die Ausrüstungen gesehen. Mit unserer neuen Halle haben wir ein Toparbeitsinstrument, auf welches auch Mechaniker aus dem Ausland, welche bei uns zwischendurch mal arbeiten, neidisch sind. Sie sagen, dass wir hier paradiesische Zustände haben.

Sie sind aber trotzdem immer wieder auch im Ausland unterwegs.

Die Piloten sind immer wieder mal für Trainingsmodule im Ausland. Zum Beispiel für die Yorknite-Übung in Grossbritannien, also die Ausbildung für den Nachtflug, dann für Schiesstests für das „Live firing“ auf einer Test Range, die wir in der Schweiz nicht haben und für sonstige Übungen und taktische Trainings in Zusammenarbeit mit ausländischen Luftwaffen. Wir als Mechaniker begleiten die Piloten, um die F/A-18 für die Flüge vorzubereiten und bei Bedarf Reparaturen auszuführen. Wir sind unter anderem häufig in Frankreich, Großbritannien, Schweden oder Spanien unterwegs.

Was liegt Ihnen bei Ihrer Arbeit besonders am Herzen?

Ich kümmere mich unter anderem auch um die Lernenden. Mir gefällt es, in die Ausbildung der jungen Leute involviert zu sein. Es ist enorm wichtig, unser Wissen an den Mechaniker-Nachwuchs weiterzugeben und damit Kontinuität und den hohen Standard zu gewährleisten.

„Auf einer F/A-18 zu arbeiten, kommt mir vor, als ob ich in der Formel 1 tätig wäre.“

Sie sprechen mit einer grossen Leidenschaft und ich stelle fest, dass Ihre Faszination für die Kampfflugzeuge nicht kleiner geworden ist.

Wenn dein Job gleichzeitig auch deine Leidenschaft ist, ist es nicht kompliziert, am Morgen aufzustehen. Man freut sich jeden Tag auf die Arbeit. Auf einer F/A-18 zu arbeiten, kommt mir vor, als ob ich der Formel 1 tätig wäre und das ist ein unglaublich cooles Gefühl.

Zur Person

Der 42-jährige Waadtländer Sébastien Monnier ist verheiratet und hat zwei Kinder. Nach seiner Lehre zum Automechaniker, arbeitete er zuerst während 12 Jahren als Automechaniker und dann während 8 Jahren als Werkstattchef in der Automobilbranche. Seit 2016 ist er als Jetmechaniker in Payerne tätig. Er ist einer der Gruppenchefs in der Wartungshalle 4. Im Gegensatz zum Ausland, sind die Luftfahrzeugmechaniker in der Schweiz alles zivile Mitarbeiter. Im Ausland (z.B. Frankreich, Schweden, England, Belgien) sind die Mechaniker immer Armeeangehörige.

Halle 4 auf dem Militärflugplatz Payerne

Die Halle 4 wurde zwischen November 2018 und Dezember 2020 totalrenoviert und ist heute einer der modernsten Hallen für Flugzeugwartung mit Minergiestandard, Photovoltaik-Dach und neuem Parkettboden. In der Halle 4 werden die F/A-18-Hornet und die F-5-Tiger repariert. Insgesamt hat es Platz für 8 Flugzeuge. Neben der grossen Wartungshalle, gibt es noch drei weitere Werkstätte: eine für die Wartung der Schleudersitze, eine für die Flugzeugreifen und eine für das Avionikpersonal (Luftfahrzeugelektroniker) sowie drei grosse Sitzungsräume.


Sébastien Monnier vor einer F/A-18 der Fliegerstaffel 17 „Falcons“. Die Falken auf den Seitenleitwerken sind ein Airbrush-Kunstwerk von Stephan Beutler. Bilder: Sina Guntern, VBS/DDPS

Eine F/A-18 wird für einen Motorentest auf das Rollfeld gefahren. Bilder: Sina Guntern, VBS/DDPS

Eine F/A-18 wird für einen Motorentest auf das Rollfeld gefahren. Bilder: Sina Guntern, VBS/DDPS

Gruppenchef Sébastien Monnier auf dem Rollfeld zusammen mit Rodolphe Pammer und Frederic Marion von seinem Team. Bilder: Sina Guntern, VBS/DDPS

Sébastien Monnier erklärt seine Arbeit. Bilder: Sina Guntern, VBS/DDPS

Zwei Mechaniker beim Kontrollieren eines Schleudersitzes einer F/A-18. Bilder: Sina Guntern, VBS/DDPS

Die Mechaniker bei der Wartung eines F/A-18. Bilder: Sina Guntern, VBS/DDPS

Die Mechaniker bei der Wartung eines F/A-18. Bilder: Sina Guntern, VBS/DDPS

Die Mechaniker bei der Wartung eines F/A-18. Bilder: Sina Guntern, VBS/DDPS

Die Mechaniker beim Ausbauen des Motors. Bilder: Sina Guntern, VBS/DDPS

Sébastien Monniers Patch eines Ausbildungsmoduls für die Piloten in Lulea (Schweden). Bilder: Sina Guntern, VBS/DDPS

 

Quelle: Schweizer Armee
Bildquelle: Schweizer Armee