Schweizer Armee: UN-Beobachter berichtet vom Einsatz auf den Golanhöhen

Insgesamt leisten 13 Schweizer Offiziere einen friedensfördernden Einsatz in der UNTSO im Nahen Osten.

Mit Major Sandro Abderhalden kehrte Ende März einer dieser Offiziere in die Schweiz zurück. Während seines Einsatzes wurde die Region immer wieder von Ereignis­sen mit weitreichenden Folgen erschüttert.

Mein Engagement als Militärbeobachter der UNO begann im Septem­ber 2023. Kurz darauf markierte der denkwürdige 7. Oktober einen Wen­depunkt im Nahen Osten und ich hatte die Gelegenheit Ereignisse zu beobachten, die das Gesicht der Region veränderten. Derzeit bin ich auf den Golanhöhen im Einsatz, genauer gesagt auf der israelischen Seite westlich der Alpha-Linie. Meine Hauptaufgabe besteht darin, mutmass­liche Verstösse gegen den vereinbarten Waffenstillstand von 1974 zwischen Israel und Syrien zu beobachten und darüber zu berichten. Der Beobach­tungsauftrag gliedert sich in zwei Arten: Mobile und sta­tische Einsätze. Erstere beinhalten Patrouillen und Inspektionen, während letz­tere an strategisch positionierten Beobachtungspunkten entlang der Alpha-Linie stattfinden.

In der Einsatzzentrale in Tiberias arbeiten wir in drei Teams mit rund 30 Militärbeobachterinnen und -beobachtern aus verschiedenen Län­dern. Diese Vielfalt ist entscheidend, da jeder Offizier eine einzigartige Perspektive einbringt und zur Unparteilichkeit unserer Arbeit beiträgt. Nach einer anfänglichen Phase als einfacher Militärbeobachter konnte ich schnell Erfahrungen sammeln und Verantwortung übernehmen. So bilde ich heute neue Teammitglieder in Patrouillentechniken und den Dynamiken der Mission aus.

Veränderte Sicherheitslage

In den vergangenen Monaten haben wir eine Reihe von Ereignissen erlebt, welche die Sicherheitslage in der Region prägten – vom Einmarsch der israelischen Armee in Gaza über die iranischen Raketenan­griffe auf Israel und die Raketenoffensiven der Hisbollah im Norden des Landes bis hin zu den raschen, aber sorgfältigen Vorbereitungen der israelischen Armee auf eine bevorstehende Offensive im Libanon. All diese Ereignisse haben unser Handeln beeinflusst. Ich hatte das Glück, die Sicherheitslage in Israel zu beobachten, die sich als relativ stabil erwies. Dies vor allem dank fortschrittlicher Schutzsysteme wie dem berühmten Iron Dome, der «Red Alert»-App zur Meldung einfliegender Raketen und Bunkern an verschiedenen Orten.

Ständige Wachsamkeit erforderlich

Eine der grössten Herausforderungen war die Anpassung an ein interna­tionales, multikulturelles und multireligiöses Umfeld. Ich bin der einzige Schweizer in meinem Team, das sich aus Offizieren aus Kanada, Indien, Südkorea, Irland, Neuseeland und Skandinavien zusammensetzt. Auch die mentale Vorbereitung ist eine tägliche Aufgabe: Immer bereit zu sein und die notwendige Ausrüstung griffbereit zu haben, ist entscheidend. Es ist erstaunlich, wie schnell man wichtige Details vergessen kann, wie das Aufladen von Geräten oder das Ersetzen von Wasser und Rationen im Notfallrucksack. Als Ausbilder meines Teams habe ich stets versucht, die Bedeutung dieser Praktiken zu betonen und darauf hinzuweisen, dass Bedrohungen niemals unterschätzt werden dürfen. Ständige Wachsam­keit und das Wissen um Fluchtwege und nahe gelegene Schutzräume sind entscheidende Aspekte unserer Arbeit. Die Akzeptanz unserer Präsenz durch die lokale Bevölkerung und die israelische Armee stellt ebenfalls eine grosse Herausforderung dar. Die aktuelle Situation und die wahrgenommenen Bedrohungen können zu einer negativen Sichtweise auf unsere Präsenz führen. Dies erschwert den Zugang zu bestimmten Gebieten und schränkt unsere Möglichkei­ten ein.

Kontakt in die Heimat ist wichtig

Die Distanz zu meiner Familie hingegen ist keine Schwierigkeit, da sie mich stets unterstützt hat. Das ermöglicht es mir diese Erfahrung mit Gelassenheit zu erleben. Ich möchte aber betonen, wie wichtig es ist, den Kontakt nach Hause aufrechtzuerhalten und beruhigende Updates über meine Sicherheit geben zu können. Die Medien neigen oft dazu ein ver­zerrtes Bild der Situation zu zeichnen, was unbegründete Sorgen und Ängste schüren kann. Ich habe immer versucht ausgewogen zu kommu­nizieren und Details zu vermeiden, die unnötige Ängste verursachen.


Der OP 51 ist ein Beobachtungsposten der Militärbeobachter, der sich auf dem Golan auf der israelischen Seite befindet. 

Der Sturz des syrischen Regimes stellt die Überwachung des Waffen­stillstands zwischen Israel und Syrien vor neue Herausforderungen. Da eine der beiden Parteien eine erhebliche Veränderung durchlebt, bin ich gespannt auf die politischen Entwicklungen und die neuen schwie­rigen Aufgaben, die sich daraus ergeben könnten. Zusammenfassend kann ich sagen, dass mich die Erfahrungen meines Einsatzes sowohl menschlich als auch beruflich bereichert haben. Meine Mission auf den Golanhöhen ist nicht nur eine Aufgabe, sondern auch eine Gelegenheit zu lernen, zu wachsen und zu einer besseren Zukunft in einer komple­xen und sich ständig verändernden Region beizutragen.

 

Quelle: Schweizer Armee/Major Sandro Abderhalden, Militärbeobachter in der United Nations Truce Supervision Organization (UNTSO), im Nahen Osten. (Geschrieben während seinem Einsatz bis Ende März 2025)
Bildquelle: SWISSINT

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