Schweizer Armee: Wir sind bereit – rund um die Uhr

In diesen Tagen findet das Jahrestreffen 2023 des World Economic Forum (WEF) in Davos statt.

Für die Sicherheit ist die Kantonspolizei Graubünden verantwortlich, subsidiär unterstützt durch die Armee. CUMINAIVEL hat mit dem Kommandanten der Schweizer Luftwaffe, Divisionär Peter Merz, gesprochen.

Herr Divisionär, Jahr für Jahr findet in Davos das WEF statt. Ist der Einsatz für Sie reine Routine oder doch etwas Besonderes?

Obschon das WEF jährlich stattfindet, bedeutet dies für uns definitiv nicht „business as usual“. Wir bereiten uns jedes Jahr aufs Neue gewissenhaft und diszipliniert vor, sprechen uns mit unseren Nachbarstaaten und Partnerorganisationen sorgfältig ab und trainieren die Abläufe zum Beispiel für den grenzüberschreitenden Luftpolizeidienst. Bezüglich Umweltbeurteilung stellt das WEF 2023 neue Herausforderungen. Es liegt sehr wenig Schnee, entsprechend braucht es andere genietechnische Ansätze, und auch bezüglich Helikopterlandeplätzen sind die sicherheitstechnischen Aspekte anders. Trotzdem helfen uns die Erfahrungswerte aus den Vorjahren extrem, um viele Herausforderungen effizient meistern zu können. Während des WEF befinden wir uns, wie in den Vorjahren auch, in erhöhter Alarmbereitschaft, und da müssen alle Zahnräder einwandfrei ineinandergreifen, damit das Uhrwerk funktioniert.

Hat die aktuelle Situation in der Ukraine einen Einfluss auf das Sicherheitsdispositiv in Davos bzw. auf den Einsatz der Luftwaffe?

Nein. Unser Dispositiv ist immer so aufgestellt, dass wir möglichen Verletzungen unseres Luftraums rund um die Uhr begegnen können. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffs haben wir all unsere Prozesse und Abläufe nochmals überprüft. Anpassungen waren bisher nicht nötig, doch wären wir jederzeit dazu in der Lage.

Bis vor wenigen Monaten wurde der Bedrohung durch Drohnen ein nicht allzu grosses Augenmerk geschenkt. Spätestens seit dem Konflikt in der Ukraine sieht dies ganz anders aus, sowohl bezüglich den Aufklärungs- wie auch den Angriffsmöglichkeiten und -formen. Hat das einen Einfluss gehabt auf die Einsatzplanung?

Nein. Wir müssen uns so oder so gegen alle Bedrohungen im ganzen Spektrum verteidigen können – sei dies gegen Drohnen, aber auch Raketen und Marschflugkörper. Absolut entscheidend ist dafür ein gutes Zusammenspiel aller Bereiche – Weltraum, Luft, Boden, Wasser, Cyber, Elektromagnetik und Information.

Ist die Schweiz bezüglich Drohnenabwehr überhaupt ausreichend gerüstet?

Wir sind gut aufgestellt – daher ja. Aber es gibt natürlich immer noch Verbesserungspotential. Hochfliegende unbemannte Flugobjekte mit langer Verweildauer, dazu zählt auch die zukünftige Aufklärungsdrohne ADS 15 der Schweizer Armee, können mit dem Radar entdeckt und mit Kampfflugzeugen oder in Zukunft auch mit der bodengestützten Luftverteidigung Patriot abgewehrt werden.

Unbemannte taktische Flugobjekte sind kleiner, fliegen tiefer und können weniger Nutzlast mitnehmen. Die ehemalige Aufklärungsdrohne ADS 95 der Schweizer Armee zählte zu dieser Klasse. Entdeckt werden können sie mit heutigen und zukünftigen Sensoren, wie zum Beispiel Radargeräten. Die Abwehr würde heute mit dem F/A-18, und abhängig von der Flughöhe, mit den heutigen Fliegerabwehrsystemen (35-mm-Fliegerabwehrkanonen und den Stinger-Lenkwaffen) erfolgen. In Zukunft würden der F-35A und die Systeme der bodengestützten Luftverteidigung diese Aufgabe übernehmen.

Die dritte Klasse umfasst die Klein-, Mini- und Mikrodrohnen. Sie wiegen weniger als 150 Kilogramm und fliegen in der Regel unter 200 Meter über Grund. Auf dem Markt sind aber auch Systeme verfügbar, welche deutlich höher fliegen können. Einige sind spezifisch dafür ausgelegt, um innerhalb von Gebäuden zu fliegen. Mikrodrohnen (weniger als 2 Kilogramm) können von jedermann gekauft und betrieben werden. Bei der Abwehr solcher Drohnen arbeiten Polizei und Armee eng zusammen.

Wie sieht die Kooperation mit den Nachbarstaaten aus?

Wir arbeiten seit Jahren eng mit all unseren Nachbarstaaten zusammen, im Rahmen des täglichen Luftpolizeidienstes oder wie jetzt für den Konferenzschutz oder für gemeinsame Übungen während des Jahres. Das alte Sprichwort heisst: In der Krise Köpfe kennen. Das greift für mich zu spät und zu kurz. Es gilt: In der Vorbereitung und im Einsatz Köpfe kennen. Auf diesem Credo beruht unsere langjährige Zusammenarbeit.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit den anderen Einsatzorganisationen aus, angefangen bei den terrestrischen Teilen der Armee, über die Blaulichtorganisationen bis hin zu den Behördenvertretern und der Politik?

Die Zusammenarbeit über alle Stufen ist eingespielt und funktioniert sehr gut. Es ist von zentraler Bedeutung, dass sämtliche Organisationen und Funktionen ihre Zuständigkeiten und Abläufe kennen, damit der Einsatz gelingt. Dafür braucht es eine transparente Kommunikation, klare Zuweisung der Zuständigkeiten und Trainings. Unser Hauptansprechpartner ist die Kantonspolizei Graubünden. Auf der militärischen Seite liegt die Verantwortung beim Chef Kommando Operationen, Korpskommandant Laurent Michaud, und für den Einsatz vor Ort ist der Kommandant der Territorialdivision 3, Divisionär Lucas Caduff, zuständig. Auf politischer Ebene läuft beim Militär alles über die Departementschefin, Bundesrätin Viola Amherd. Während des WEF ist der Kontakt rund um die Uhr und da meine ich wirklich rund um die Uhr zur Departementschefin sichergestellt.

Blicken wir zum Schluss noch in die Zukunft: Wo müssen oder müssten wir mittel- und langfristig Anpassungen vornehmen?

Lage und Entwicklung verändern sich laufend. Wir müssen bei der Vernetzung, im Bereich Cyber und bei der Drohnenabwehr weitere Fortschritte machen, dazu kommt auch noch die weitere Dezentralisierung. Bei der digitalen Vernetzung müssen wir aber auch im Auge behalten, dass es nicht nur um die Beschaffung geht, sondern letztlich auch um die erfolgreiche Implementierung.

Herr Kommandant, besten Dank für Ihre Ausführungen.

Titelbild: Kommandant Luftwaffe, Divisionär Peter Merz

 

Quelle: Schweizer Armee
Bildquelle: Schweizer Armee